Montag, 10. Januar 2011

Selbstbildnis a la Kirchner (1880-1938)

Trotz all der biografischen Stationen und Daten, die man über einen großen Maler erfährt, scheint mir noch immer das Selbstbildnis am besten geeignet zu sein, um Aussagekräftiges über den Schöpfer zu erfahren. So auch bei der Kirchner-Ausstellung in Hamburg. Sein Lebenslauf zeugt von Skandalösem und durchaus Unmoralischem, wie seine wilde Jugend in den Bars und Etablissements von Berlin, die Werke mit kindlichen Aktmodellen in erotischen Posen, seine Medikamentensucht. Auch das Selbstbildnis zeigt einen zerrissene Persönlichkeit im Zwielicht. Kirchner arbeitet mit Bildern in Bildern und verwendet Spiegel um die Stimmung zu verstärken. Die Rahmen scheinen zu kippen. Sein starrer Blick, der durch den Ausstellungsbesucher zu sieht, verrät dabei die konzentrierte Mimik des Künstlers, der sich gerade selbst im Spiegel betrachtet beim Malen. Nächtelang arbeitete Kirchner an seinen Bildern, hat diese noch Jahre später ausgebessert oder übermalt um sie plakativer zu gestalten. Diese Bessenheit, eine Entschlossenheit im Blick meint man zu erkennen. Genauso wie die Arroganz mit gleichzeitiger Unsicherheit, die sich auch in seinem Leben so klar zeigt: Kirchner litt an seiner Selbsteinschätzung von manisch bis depressiv. Um zum Beispiel zu leugnen, dass er in manchen Werken beeinflusst wurde von Zeitgenossen wie Munch oder Matisse, hat er viele seiner Arbeiten vordatiert. Unter dem Pseudonym Louis de Marsalle schrieb er begeisterte Kritiken über sein eigenes Schaffen und veröffentlichte diese. Seiner Meinung nach valide Möglichkeiten, um sich einen Platz in der Kunstgeschichte zu sichern. Diesen Platz hat er auch ohne diesen "Kunstgriff" bekommen, dank seinem beeindruckenden Lebenswerk.

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