Sonntag, 11. September 2011

Herbstliches, allzu Herbstliches Teil 2

Gedichte auswendig lernen erinnert mich an meine Schulzeit. Und an Marlen Haushofer. In ihrem Roman "Die Wand" bedauert Sie in Ihrem Exil sehr, zum Zeitvertreib und gegen den Wahnsinn des eintönigen Alltags nicht zumindest ein Gedicht auswendig gelernt zu haben. Parallelen zu meinem Leben möchte ich hier nicht ziehen, doch finde ich es schön, die Worte von guten Lyrikern jederzeit abrufbar zu haben. Mein neues Projekt passt zur Jahreszeit und stammt von Eva Strittmatter:

Vor einem Winter
(letzte Fassung)

Ich mach ein Lied aus Stille
Und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
Geht ein in mein Gedicht.

Der See und die Libelle.
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quelle.
Der Herbstgeruch von Brot.

Der Bäume Tod und Träne.
Der schwarze Rabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne.
Was es auch immer sei.

Das über uns die Räume
Aufreißt und riesig macht
Und fällt in unsre Träume
In einer finstren Nacht.

Ich mach ein Lied aus Stille
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter.
Und so vergeh ich nicht

1970/1973

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