Samstag, 27. November 2010

Eine Österreichische Tradition

Tabus begegnen uns mehrmals täglich, obwohl wir in unserer aufgeklärten Gesellschaft meinen, über alles reden zu dürfen. Trotzdem ist Verdrängen und Vergessen weiterhin ein wichtiger Bestandteil, um ein unbeschwertes, sorgenfreies Leben zu führen. Ich glaube, das gilt für jeden von uns.

Was macht man aber, wenn man etwas erfährt, was die eigene Lebensqualität unmittelbar betrifft, es aber nicht so einfach vergessen kann? Gerade habe ich das Buch "Tiere essen" von Jonathan Safran Foer gelesen. Damit trifft das Geschriebene den Nerv der Zeit, denn dass etwas an der Lebensmittelproduktion der industrialisierten, auf Gewinnmaximierung gedrillten Welt verdächtig ist, das denkt beinahe jeder insgeheim. Ansonsten könnte "Tiere essen" ja vollkommen unvoreingenommen gelesen werden. So ist es aber nicht. Vernimmt man den Titel, enstehen bestimmte Bilder im Kopf und die leise Ahnung: Irgendetwas ist nicht in Ordnung damit, wie unser Schnitzel auf den Tisch kommt. Darüber zu reden ist im täglichen Leben ein Tabu, eine Verdrängung die wir rund drei mal täglich vor jeder Mahlzeit schaffen. Somit nahezu eine Leistung! Das klappt auch deswegen, weil das Fleisch auf unserem Teller nicht mehr aussieht wie ein Stück totes Tier, sondern mit einer goldbraunen Semmelbröselschicht ummantelt wird.


Kann ich das Wissen wieder verdrängen, dass auch in Österreich 98% des konsumierten Fleisches aus Massentierhaltung stammt? Ohne recherchiert zu haben hatte ich vor ein paar Wochen noch das Bauchgefühl, die Kleinbauerlichen-Strukturen sind hier stärker ausgeprägt als in den USA oder Deutschland. Fakt ist: Damit wird Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Hühnern auch bei uns ein würdevolles Leben und Sterben verwehrt. Möchte ich das wieder verdrängen, für den flüchtigen Genuss eines knusprigen Stück Fleisches? Vielleicht. Ich hoffe nicht. 

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